Ritus und die katholische Religion

1) Vor einiger Zeit kam ich in den Besitz von einer CD mit einem Vortrag über einige wichtige Aspekte der Liturgie, welchen ein Priester gehalten hat (P. Michael Wildfeuer), der selbst zwar ebenfalls die überlieferte hl. Messe feiert, aber leider dennoch einer Gemeinschaft angehört, die sowohl die „Konzilskirche“ als katholische Kirche und die entsprechenden Autoritäten als rechtmäßige katholische Hirten ansieht. Somit muss er, da seine Gemeinschaft mit dem modernistischen Rom ja „versöhnt“ ist, bedauerlicher- bzw. konsequenterweise wohl auch zustimmen, dass die „neue Messe“ die Norm, die so genannte „ordentliche Form“ der Messfeier innerhalb seiner „Kirche“ darstellt.
Aber trotz dieses Widerspruchs bzw. einiger anderen Ungereimtheiten enthält der Vortrag von P. Wildfeuer (Thema: „Liturgie. Grunddefizite des Ritus von 1969 – warum eine Hinwendung zur überlieferten Hl. Messe aus dogmatischen und pastoralen Gründen dringend notwendig ist“) Gedanken über die hl. Messe, die sehr wertvoll sind, weswegen wir sie Ihrer geschätzten Aufmerksamkeit, verehrte Leser, in Auszügen anbieten wollen.
2) Zu Beginn des betreffenden Vortrags finden wir einige grundsätzliche Überlegungen: „P. Pio hat gesagt, eher könnte die Welt ohne Sonne als ohne die hl. Messe existieren. Und ich weiß, wie sehr die Gläubigen von dem Umgang mit dem Heiligsten berührt sind. Vor kurzem noch kam ein Katholik zu mir, ein Unternehmer, und klagte mir, wie tief er innerlich verletzt worden sei durch die Art, wie ein Priester mit dem Heiligsten umgegangen sei. Oder ein anderer, der mir gesagt hat: als die Liturgiereform kam, da habe ich nächtelang geweint. Sie alle sind zutiefst berührt von dem, was sie heute am Altar erleben müssen.
Wir haben hier in der hl. Messe das Wahre, das Schöne und Gute - dieses klassische Dreigestirn - in der vollkommensten Weise: Wir haben das Wahrste, das Beste, das Schönste!
Im Alten Testament musste Moses nach Gottes Befehl die Bundeslade und die heiligen Geräte für das Bundeszelt nach den himmlischen Urbildern machen, die ihm auf dem Berg Sinai gezeigt worden waren. So heißt es in Exodus 25,40: „Sieh zu, dass du die Ausführung genau nach dem Abbild machst, das dir auf dem Berge gezeigt worden ist.“ Und unser Herr ist nach Hebr 8,2 der Liturge im wahren Zelt - das, was Er im Himmel als Liturgie vollzieht, vollzieht Er durch die Instrumentalursache des katholischen Priesters am Altar: Das Himmlische bricht in die Erde ein, und deshalb sind wir so tief davon berührt!“
Dann klärt P. Wildfeuer ein wichtiges philosophisches Prinzip: „Nun war für mich und den Kreis um Prof. Lauth absolut klar, dass es einen Absoluten gibt - absoluten wahren Gott; und es war klar, dass dann nicht nur unser Philosophieren vollkommen auf dieses Absolute hingerichtet und alles von diesem Absoluten her zu denken ist, sondern auch die ganze religiöse Praxis, die auf Gott allein ausgerichtet ist und von Gott allein ihre Rechtfertigung empfängt. So war für uns selbstverständlich, dass die Liturgie theozentrisch ist, absoluto-zentrisch.
Eine Religion, die nicht diesen Absolutheitsanspruch erhebt, wäre für uns undenkbar gewesen; die Religion muss, wenn sie die wahre ist, den Anspruch erheben, die absolut einzig wahre zu sein, und jede Relativierung ist ein Schlag ins Gesicht für die wahre Religion. Und diese Religion darf auch - wenn sie auch unendlich den Verstand übersteigt - nie dem Verstand widersprechen: Sie muss ganz klar den Prinzipien der Philosophie, dem klaren logischen Denken, entsprechen.“
Es wird dann weiter ausgeführt: „Also z.B. was für uns ein Hauptanstoß war, war die Verfälschung der Wandlungsworte – statt ‚für viele’ ‚für alle’. Diese sind zugleich Testaments- und Schöpfungsworte: So wie sich Gott am Anfang der Schöpfung über den Menschen beugt und ihm die Seele einhaucht und zu ihr spricht: ‚Es werde Licht, und es ward Licht’, so beugt sich der Priester über das Brot und spricht: ‚Das ist Mein Leib’, und dann ist es der Leib Christi - Schöpfungsworte! Hier eine Verfälschung zu bringen, ist skandalös!
Es geht also in der ganzen Frage der wahren Religion nicht um progressiv oder traditionell, konservativ oder modern, sondern um wahr oder falsch.“
Im Folgenden werden einige zentrale liturgische Begriffe beleuchtet und erklärt: „Nun zu unserem Thema: Dazu muss geklärt werden, was ein Ritus ist: Ritus hat sicher etwas mit Religion zu tun. Was ist nun Religion? Die Worterklärung sagt uns, religio kommt von lateinisch re-ligare, zurück binden. Der Mensch ist durch die Sünde Gott davongelaufen, und nun wird er wieder an Gott zurückgebunden, durch die wahre Religion.
Der hl. Thomas erklärt dann: ‚Religio’ ist ‚ordo creaturae ad deum’, Religion ist die Hinordnung der Schöpfung auf Gott. Der hl. Paulus sagt im 1. Korintherbrief: ‚Ihr möget essen oder trinken, tut alles zu Ehre Gottes.’
Die Religion betätigt sich jedoch nicht nur in inneren Akten wie der hl. Thomas sagt: Wir sind aus einer doppelten Natur zusammengesetzt, einer geistigen und einer sinnlichen. Deshalb bringen wir Gott eine zweifache Anbetung dar, eine geistige, die in der inneren Andacht des Geistes, und eine körperliche, die in der äußerlichen Erniedrigung des Leibes besteht.
Es kommt also zum Inneren das Äußere hinzu, aufgrund unserer Leiblichkeit - religiöse Akte umfassen innere und äußere Akte. Die innere, die Andacht, ist die Seele; und die äußere Form der Gottesverehrung, die dieser Andacht entspricht, ist der Leib. Und diese äußere Form nennt man den Kult. Deshalb führt die Religion zum Kult: So sagt der hl. Thomas: Religion ist ‚virtus moralis inclinans nos ad debitum cultum exhibendum deum’ - die Tugend der Religion ist jene Tugend, die uns geneigt macht, Gott den geschuldeten Kult zu erweisen.
Der Kult ist also etwas, was aus dem Inneren und Äußeren zusammengesetzt ist; er ist das, wodurch wir die Erhabenheit Gottes und unsere Unterwerfung unter Gott bezeugen. (Wenn ich mich hinknie und die Hände falte, um zu beten, dann ist das ein kultischer Akt.)
Als Drittes kommt die Sozialnatur des Menschen hinzu: (Wie Jesus sagt: Wo zwei oder drei in Meinem Namen beisammen sind, da bin Ich mitten unter ihnen.)
Es gibt also auch gemeinsame kultische Akte, und weil sie gemeinsam sind, müssen sie geregelt sein, sodass sie verpflichtend für alle sind, die an diesem Akt teilnehmen. Und dieses gemeinsame, äußere religiöse Tun nennt man einen Ritus: Ritus ist also die äußere, gemeinsame, öffentliche Form des Kultes.
Also man kann das Gesagte mit drei konzentrischen Kreisen vergleichen: Der Größte ist die Religion (z.B. ich bete); der zweite der Kult (ich bete mit einer bestimmten äußeren Haltung); und der Ritus ist der dritte (ich bete nach einer bestimmten Vorschrift).
Das Wort „Ritus“ kommt vom alt-indischen r’tham - heiliger Brauch.“
Zur Frage nach der zentralen Bedeutung des Ritus und des Sakralen für die Religion wird dann sehr schön und treffend ausgeführt: „Die Religion ist fundamental auf den Ritus angelegt; ohne ihn gibt es keine Religion. Das gilt sogar für die falschen Religionen, auch sie haben Riten. Selbst die größten Feinde der Kirche, die Freimaurer, haben ihre Riten. Und es soll sogar ein hoher Freimaurer gesagt haben: Macht es nicht so wie die katholische Kirche und ändert alle Riten - ihr zerstört euch selber.
Der Ritus ist das äußere Zeichen, und so wie der Leib eine Rückwirkung auf die Seele hat, so ist es auch beim Ritus: wenn ich den Ritus gut vollziehe, dann ist es auch eine Förderung der Andacht und der Religion.
‚Ritus’ ist etwas sakrales, etwas, was vorgegeben ist. Was ist nun ‚sakral’? Es sollen drei Wesensbestimmungen des Sakralen aufgezeigt werden: Wenn wir in den Kirchenraum eintreten, dann haben wir plötzlich ein anderes Benehmen, wir machen eine Kniebeuge; dies ist eine kultische Handlung, durch die ich meine innere Gesinnung zum Ausdruck bringe. Oder wenn am Altar Kerzen brennen, dann geschieht das zur Verherrlichung Gottes.
Damit haben wir eine erste Grundbestimmung des Sakralen: Das Sakrale ist etwas, was aus dem irdischen Bereich vollkommen herausgenommen ist. Der einzige Zweck des Sakralen ist es, keinen irdischen Zweck zu haben; es ist einzig auf eine übernatürliche Welt ausgerichtet. Dies sehen wir bei Moses - er muss die Schuhe beim brennenden Dornbusch ausziehen, denn ‚hier ist ein heiligen Ort.’ Oder bei der Gesetzgebung auf dem Berg Sinai schreibt Gott vor, dass niemand - kein Mensch und kein Tier - den Berg betreten darf. Wir ihn betritt, muss sterben - weil Gott sich diesen Ort ausgewählt hat.
Damit kommen wir zur zweiten Wesensbestimmung des Sakralen: Die Nicht-Verwertbarkeit führt uns dazu, dass es abgeschnitten ist vom sonstigen Bereich - d.h. das Sakrale ist aus dem profanen Bereich herausgenommen. (Pro-fanum: fanum heißt ‚der Tempel’, pro-fanum - das, was vor dem Tempel ist.)
Es ist eine scharfe Demarkationslinie zwischen dem, was Gott gehört, und dem, was der menschliche Alltag ist! Die Stunde des Hochamtes ist eine heilige Zeit, in der die Ewigkeit in die Zeit einbricht; und der Ort der Kirche ist ein heiliger Ort, wo die ewige Unendlichkeit Gottes sich in das Räumliche herablässt.
Und schließlich das Dritte: Warum diese Herausnahme aus dem Alltag? Weil es sich hier um etwas Erhabenes, etwas Anbetungswürdiges, um etwas Unantastbares handelt. Die Religion im Ritus gefasst ist etwas Unantastbares - sie zeigt uns etwas von der Unantastbarkeit Gottes!
Und in diesem Punkt ist unser Herr auch ganz streng. Das einzige Mal, wo Er zur Geißel greift, ist, wo es um die Heiligkeit des Raumes Gottes geht, wo Er die Tempelreinigung vornimmt und die Wechsler hinaustreibt.“
3) Nachdem diese Grundfragen geklärt worden sind, verweist der Autor im zweiten Teil seines Vortrags auf einige grundsätzliche Defizite des „Novus Ordo Missae“, die sich auf diesen Zusammenhang beziehen. Damit wird die notwendige kritische Beleuchtung der „neuen Messe“ keinesfalls erschöpft. Aber es ist trotzdem wichtig und nützlich, diese Punkte ebenfalls zu kennen: „Hier ist bereits eine erste Anwendung auf den neuen Ritus zu sehen. Dazu muss aber zunächst eine Unterscheidung getroffen werden: Es gibt den neuen Ritus in den verschiedensten Formen: Es gibt diejenigen - das sind aber sehr wenige -, die den neuen Ritus so feiern, wie er wirklich in der römischen Ausgabe des neuen Missale steht. (Man nennt das die editio typica.)
Die meisten machen - was auch die neue Messe gestattet - Gebrauch von den Wahlmöglichkeiten. Und es werden immer mehr davon und jeder Priester glaubt dann, seine Phantasie walten lassen zu können. Und das ist schon ein fundamentaler Stoß gegen das, was überhaupt ein Ritus ist, gleichgültig welchen Inhalt er hat.
Wir sehen, die drei Wesensbestimmungen - aus dem Alltagsgeschehen herausgenommen, das Abgeschnitten-Sein, das Unantastbare - sind bei den neuen Riten mehr oder weniger nicht mehr eingehalten. Der neue Ritus hat nicht mehr diese klare Bestimmung, dass er aus dem Alltagsgeschehen herausgenommen ist - dieses Zwecklose.
(Der Manipel ist ein ganz deutliches Beispiel dafür: Er ist unpraktisch, selbst beim Zelebrieren. Aber die Frage, ob es praktisch oder nicht praktisch ist, ist eine Frage, die mit dem Ritus nichts zu tun hat. Die Soutane ist auch manchmal sehr unpraktisch, aber es ist etwas Sakrales; und deshalb trägt der Priester die Soutane und den Manipel.)
Dann das Herausgenommensein des Ritus aus dem profanen Alltagsgeschehen: Auch dies ist bei der neuen Messe mehr oder weniger aufgelockert - man macht eine Begrüßung, eine Erklärung, eine Entlassung. Bei manchen ist es überhaupt nur noch ein irdisches Geschehen!
Ebenso das Unantastbare - es wird immer wieder etwas geändert, aufgehoben, auf die Seite gestellt. Selbst die Gesetzgebung von Rom her hat immer wieder neue Instruktionen gegeben, sodass Priester und Gläubige gar nicht mehr wussten, wie es eigentlich richtig zu machen ist.
Mit einem Wort: das, was eigentlich zum Ordo gehört (ordo - Ordnung), wurde immer mehr aufgelöst.“
Nun folgen einige weitere interessante Überlegungen bzw. kritische Feststellungen in Bezug auf die „neue Messe“: „Noch ein Wort zur Entstehung des N.O.M. Zunächst einige Beispiele, wie sonst Gebete oder Riten entstanden sind, z.B. das Salve Regina. Es wurde von dem frommen und hoch gebildeten Hermann von Althausen aus seinem tiefsten Leiden heraus verfasst. Es war so schön, dass es nicht nur in seinem Kloster gebetet wurde, sondern sich auf die anderen Klöster und dann auf die ganze Kirche ausgebreitet hat. Die Schönheit, Herrlichkeit und Erhabenheit dieses Gebetes war der Grund, warum es sich ausgebreitet hat. Das ist das Wirken des Heiligen Geistes.
Die Psalmen wurden inspiriert - einem dafür begnadeten Mann (David u.a.). Die Riten im AT wurden von Gott nach dem himmlischen Vorbild vorgeschrieben.
Wie geschah es beim N.O.M.? Hier sollen zwei Punkte erwähnt werden: 1. Die Ungenauigkeit beim Konzilstext selber. Das erste Dokument, das man im Konzil verabschiedet hatte, war ‚Sacrosanctum Concilium’, welches von der Liturgie handelt.
(Es waren schon in der Vorbereitung des Konzils- und dann im Konzil selber -, zwei Parteien: Die sogenannten Progressisten und die sogenannten Konservativen, die sich sehr stark unterschieden und befehdeten. Hinzu kam die Presse, die mehr oder weniger immer auf der progressistischen Seite war und die konservative Seite in die Ecke gedrängt hat.)
Aber der Text selber (siehe Nr. 50) ist nicht präzise: Da heißt es: der Messordo soll so überarbeitet werden, dass der eigentliche Sinn der einzelnen Teile und der wechselseitige Zusammenhang deutlicher hervortreten und die fromme und tätige Teilnahme der Gläubigen erleichtert wird. Deshalb sollen die Riten unter treulicher Wahrung ihrer Substanz einfacher werden. Was im Laufe der Zeit verdoppelt oder weniger glücklich eingefügt wurde, soll wegfallen; einiges dagegen, was durch die Ungunst der Zeit verloren gegangen ist, soll ‚soweit es angebracht oder nötig erscheint, nach der alt-ehrwürdigen Norm der Väter wieder hergestellt werden.’ So der Text des Konzils.
Da schließen sich nun viele Fragen an: Was ist Substanz? Was kann bzw. kann nicht verändert werden? Was ist verdoppelt worden? Was muss neu hergestellt werden? Und bei einer so großen Zahl von Bischöfen, die vorher schon uneins waren, führte das zu keiner Einheit. Und so blieb es. Einige spätere Kommentare zu dieser Konzilsstelle - eine von dem damaligen Kardinal Ratzinger, der schreibt: ‚Keinem der Väter wäre eingefallen, in diesem Text eine Revolution zu erblicken, die das Ende des Mittelalters bedeuten würde, wie ihn inzwischen Theologen glauben, interpretieren zu sollen.’“
Nun, wenn dieser Ratzinger dies so sieht, warum schafft er nicht konsequent die „neue Messe“ ab, die ja die Folge jener „Revolution“ ist - statt sie tagtäglich selbst zu zelebrieren und auch der Öffentlichkeit ausdrücklich und feierlich als die „ordentliche Form“ der Messe darzustellen?
„Oder Kardinal Frings - auf der modernistischen Seite - sagt: ‚Ich ahnte freilich damals nicht, wie weit die später eingesetzte Kommission zur Durchführung der Konstitution mit der Erneuerung der Liturgie gehen werde.’ Also selbst manche Modernisten dachten nicht, dass dieser Konzilstext so ausgelegt werden würde, wie er dann später von den Modernisten ausgelegt wurde.“ Die berechtigte Frage an Frings wäre natürlich, warum er denn dann nach der offiziellen Einführung der „neuen Messe“ nicht als ein Kritiker der betreffenden Missbräuche in Erscheinung trat?
„Dann Kardinal Giacomo Lercaro (er war längere Zeit der Vorsitzende des Liturgierates, der eigens nach dem Konzil für die Überarbeitung der Messe einberufen wurde). Er sagte 1969 ganz unverblümt, man habe gegen die Buchstaben des Konzilstextes gehandelt. Und er behauptete zugleich, dass die Überwindung des Diktats des Gesetzes gerade das Werk jenes Geistes war, der die ganze Liturgiereform belebte.
Also die ganzen Modernisten dachten, man müsse sich über das Diktat des Gesetzes hinwegsetzen! Und noch deutlicher einer der bedeutendsten modernen Liturgen - Lengelin, der maßgeblich an der Liturgiereform beteiligt war -, sagt ganz offen: ‚Manches musste sicherlich in den Jahren vor dem Konzil und in den beiden ersten Konzilssessionen zurückhaltend, beinahe verklausuliert formuliert werden, wenn man die möglichst einmütige Zustimmung zum ganzen erhalten wollte. Dabei ist es in der Formulierung gelungen, Türen zu Entwicklungen offen zu halten, für die auch in der letzten Konzilssession sicherlich keine 2/3 Mehrheit erreichbar gewesen wäre.’ Also musste verklausuliert formuliert werden, um später seine eigenen Ideen durchsetzen zu können!“
Also gehörten Lug und Betrug bewusst zum Repertoire derer, die für den N.O.M. verantwortlich zeichnen! Und warum wird die betreffende Täuschung heute seitens der Verantwortlichen im Vatikan nicht klar beim Namen genannt und die betreffenden verderblichen „Reformen“ entsprechend abgeschafft? Weil sie anscheinend auch selber keine Rechtgläubigkeit mehr besitzen und sich wohl ebenfalls mit jener Leugnung der Wahrheit und wie auch immer u.a. auch mit der hinterlistigen und böswilligen Täuschung der Gläubigen angefreundet haben!
„Der entscheidende große Sprung war dann 1967, die Schaffung einer sogenannten ‚Missa normativa’, geschaffen von den Progressisten, insbesondere Bugnini. Er legte sie dem Papst vor und wollte sie ratifizieren lassen, der Papst (Paul VI) bekam dann selber kalte Füße und rief eine kleine Bischofsynode zusammen. Und nun wurde diese sogenannte ‚Missa normativa’ wie ein Theaterstück in der Capella Sixtina vorgeführt, am 24.10.1967. Diese Missa dauerte im Wortgottesdienst 25 Minuten - einschließlich einer siebenminütigen Predigt, und 15 Minuten Opfergottesdienst.
Die Abstimmung war für die Modernisten niederschmetternd - sie hatten nicht mit diesem Ergebnis gerechnet: Von den 180 Stimmen waren nur rund 40% Ja-Stimmen und 60% waren Nein-Stimmen oder mit Vorbehalt. Das heißt, mehr als die Hälfte hatte diese ‚Missa normativa’ abgelehnt. Eine bissige Bemerkung, die ein Prälat fallen ließ, sagte: Diese Missa habe mit einer Pfarrmesse nur das gemein, dass einige Teilnehmer der Bischofsynode zu ihr zu spät kamen.“
Es stellt sich auch hier dieselbe entscheidende Frage, die leider unbeantwortet bleibt: Warum wurde denn dann die „neue Messe“ nach dem Vorbild jener „Missa normativa“ gestaltet? Erst kürzlich berichtete mir ein Gläubiger, dass er neulich eine „neue Messe“ eines offiziellen „katholischen“ Pfarrers miterlebte, die mit Kommunionausteilung sage und schreibe nur 12 Minuten gedauert hatte! Die Zelebrationsdauer von höchstens 20 Minuten ist ja bei der „neuen Messe“ praktisch immer die Regel, wenn es keine Predigt gibt. Es bringt nicht viel, dann und wann mal eine kritische Bemerkung fallen zu lassen – es müsste unbedingt entsprechend gehandelt werden!
Der Autor des Vortrags fügt nun praktisch ein weiteres Beispiel eines entsprechenden “tapferen” Papierhelden an: „Eine Beurteilung dieser neuen Messe soll jetzt schon eingefügt werden: Kardinal Ratzinger selber sagte 1988: ‚An die Stelle der gewordenen Liturgie hat man die gemachte Liturgie gesetzt. Man wollte nicht mehr das organische Werden und Reifen des durch die Jahrhunderte hin Lebendigen fortführen, sondern setzte an dessen Stelle auch nach dem Muster technischer Produktion das Machen, das platte Produkt des Augenblicks.’“
Oder ein anderes Zitat von Ratzinger: „Ich war bestürzt über das Verbot des alten Missale, denn etwas Derartiges hat es in der ganzen Liturgiegeschichte nie gegeben. Das nunmehr erlassene Verbot des Missale, das alle Jahrhunderte hindurch seit den Sakramentalen der alten Kirche kontinuierlich gewachsen war, hat einen Bruch in die Liturgiegeschichte getragen, dessen Folgen nur tragisch sein konnten. Man brach das alte Gebäude ab und baute ein anderes auf.“
Wenn aber Ratzinger die entsprechende Realität so zutreffend sieht und beschreibt, wenn er wirklich so „bestürzt“ ist, wie er schreibt, warum macht er dann insofern bei jenem „Bruch in der Liturgiegeschichte“ mit, dass er die daraus entstandene „neue Messe“ nicht nur selbst zelebriert, sondern auch seinem eigenen Klerus sogar ausdrücklich als die eigentliche Norm der Zelebration vorschreibt! Er ist ja bezeichnenderweise nicht irgendein einfacher Pfarrer oder Bischof, der kaum Einfluss hat, sondern sogar das Oberhaupt seiner „Konzilskirche“ – mit höchster Amtsgewalt ausgestattet!
Aber an dieser Stelle sieht man auch eines der Probleme, die eigentlich noch weiter die Tragödie der modernistischen „Liturgiereform“ der Konzils- bzw. postkonziliaren Zeit verschärfen – die fehlende Konsequenz jener Priester und Gläubigen, die zwar die bestehenden Probleme zum großen Teilen korrekt sehen und wohl auch ehrlichen Herzens bedauern, die aber dann trotzdem - aus welchem Grund auch immer - nicht bereit sind, die entsprechenden (zwar äußerst schwerwiegenden, aber dennoch logischen und bitter nötigen) Schlussfolgerungen daraus zu ziehen – um der katholischen Wahrheit und des ewigen Heiles der Gläubigen willen!

P. Eugen Rissling

 

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